Anwendung radioaktiver Isotope zum Studium von Reaktionsmechanismen in der organischen Chemie

Authors

  • H. Schmid Organisch-Chemisches Institut der Universität Zürich

DOI:

https://doi.org/10.2533/chimia.1960.248

Abstract

Das Ziel einer Untersuchung von Reaktionsmechanismen besteht in der Schaffung eines detaillierten Bildes einer Reaktion, das die relative Lage aller beteihgten Atome als Funktion der Zeit und soweit es das Unbestimmtheitsprinzip erlaubt, das Verhalten der Elektronen wiedergibt. Erste und zurzeit häufig allein lösbare Aufgabe ist die Ermittlung des Schicksals von individuellen Atomen oder Atomgruppierungen während einer Reaktion. Die Eigenschaft von Isotopen, sich in physikalischen Merkmalen voneinander zu unterscheiden, in chemischer Hinsicht aber praktisch äquivalent zu sein, ermöglicht nun ihren Einsatz als «tracer» zur Lösung dieser Aufgabe. Der «tracer» dient also als Markierung, anhand deren gleiche Atome oder Atomgruppen verschiedenen Ursprungs differenziert werden können. Prinzipiell können als solche Indikatoren sowohl radioaktive als auch stabile Isotope eingesetzt werden. Die Fülle des Materials erfordert aber eine Beschränkung der Diskussion auf die Anwendung radioaktiver Nuclide (Tritium, Kohlenstoff-14, radioaktive Halogene). Anhand von Beispielen wird die Leistungsfähigkeit der Tracermethode bei der Untersuchung von in der organischen Chemie wichtigen Austausch- bzw. Substitutionsreaktionen, von Eliminierungsreaktionen und von für derartige Studien besonders geeigneten, mit einer Umlagerung des Kohlenstoffgerüstes einhergehenden Umsetzungen aufgezeigt. Gleichzeitig wird auf einige für die Darstellung von markierten Verbindungen wichtige Punkte eingegangen und die Methode der radioaktiven Verdünnungsanalyse kurz gestreift.
Die chemische Äquivalenz der Isotope, die Grundlage der Tracermethode, ist nur qualitativ erfüllt. Der Ersatz eines bestimmten Atoms in einem Molekül durch ein Isotop kann einen beträchtlichen Unterschied in der Reaktionsgeschwindigkeit oder der Lage eines Gleichgewichtes bewirken, wenn bei der betreffenden chemischen Reaktion die zum Isotop führende Bindung gebrochen oder neu geschaffen wird. Die Existenz eines solchen «Isotopieeffektes», dessen Größe vom Massenunterschied der Isotope abhängt und der in der Regel eine langsamere Reaktion des «schwereren» Moleküls bewirkt, kann ebenfalls, wie anhand einiger Reaktionen (Decarbonylierungen, aromatische Substitutionen) gezeigt wird, wichtige Aussagen über den Reaktionsablauf vermitteln.

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Published

1960-07-31